Ein aktueller Fall des BKA zeigt: Selbst bei professionellen Zahlungsdienstleistern ist der Mensch die kritischste Schwachstelle in der IT-Sicherheit. Was Unternehmen daraus lernen müssen.
Am 4. November 2025 gelang deutschen und internationalen Strafverfolgungsbehörden ein bedeutender Schlag gegen organisierte Cyberkriminalität. In der "Operation Chargeback" wurden drei weltweit agierende Betrugs- und Geldwäschenetzwerke zerschlagen. Die Dimension des Falls ist beeindruckend – und beunruhigend:
Die Täter nutzten keine Zero-Day-Exploits oder hochkomplexe Hacking-Techniken. Stattdessen setzten sie auf etwas viel Effektiveres: Das Vertrauen von Menschen.
Die Kriminellen erstellten professionell betriebene Schein-Webseiten zu Streaming-, Dating- und Unterhaltungsangeboten. Diese Seiten sahen täuschend echt aus und dienten ausschließlich einem Zweck: Kreditkarten mit vermeintlich legitimen Gebühren zu belasten.
Unterstützt wurden diese Fake-Angebote durch ein ausgeklügeltes System von Scheinfirmen, komplett mit:
Besonders perfide: Die Täter nutzten sogenannte "Crime-as-a-Service"-Anbieter. Diese stellten vollständige Unternehmenspakete bereit – inklusive aller notwendigen Dokumente und Strukturen, um als legitimes Unternehmen aufzutreten.
Die Kriminellen kauften fertige "Unternehmenspakete" – vergleichbar mit einem Franchise-System, nur für illegale Zwecke. Alles inklusive: Firmennamen, Geschäftsführer, Handelsregister, Websites. Für Außenstehende waren diese Scheinfirmen von legitimen Unternehmen kaum zu unterscheiden.
Der Fall offenbart mehrere neuralgische Punkte, an denen menschliches Versagen zum Einfallstor wurde:
Zahlreiche als Geschäftsführer eingetragene Personen hatten keine Kenntnis über den tatsächlichen Hintergrund der Geschäftstätigkeit. Sie erhielten geringe Vergütungen und wurden unwissentlich zu Komplizen.
Das Problem: Fehlende Awareness für die Risiken von "einfachen Geschäftsführer-Jobs".
Vier große deutsche Zahlungsdienstleister wurden zum Werkzeug der Kriminellen. Bei einem wurde sogar betrügerische Software installiert.
Das Problem: Mitarbeiter erkannten die Warnsignale nicht oder ignorierten sie.
Unter den 44 Beschuldigten befinden sich nicht nur die direkten Täter, sondern auch Verantwortliche deutscher Zahlungsdienstleister, Vermittler und sogar ein selbständiger Risk Manager.
Das Problem: Selbst Sicherheitsexperten wurden Teil des Systems.
Millionen von Verbrauchern bemerkten die unberechtigten Abbuchungen zunächst nicht oder hielten sie für legitim.
Das Problem: Mangelnde Sensibilität für ungewöhnliche Transaktionen.
Wenn spezialisierte Zahlungsdienstleister mit etablierten Compliance- und Sicherheitsprozessen fünf Jahre lang nicht erkennen, dass sie für betrügerische Zwecke missbraucht werden, zeigt das: Jedes Unternehmen ist gefährdet. Die Professionalität moderner Cyberkrimineller wird systematisch unterschätzt.
Die Operation Chargeback demonstriert eine unbequeme Wahrheit: Technische Sicherheitssysteme sind nur so stark wie die Menschen, die sie bedienen.
Wenn selbst spezialisierte Zahlungsdienstleister mit etablierten Compliance- und Sicherheitsprozessen fünf Jahre lang nicht erkennen, dass sie für betrügerische Zwecke missbraucht werden, zeigt das: Jedes Unternehmen ist gefährdet.
Die Kriminellen agierten hochprofessionell:
Gegen solche Angriffe hilft keine Firewall der Welt – sondern nur geschulte, aufmerksame Mitarbeiter.
Dieser Fall unterstreicht, was Security-Experten seit Jahren predigen: Der Mensch ist das schwächste Glied in der Sicherheitskette – aber auch das stärkste, wenn er richtig geschult ist.
Die Operation Chargeback sollte als Weckruf dienen: Ein Schaden von 300 Millionen Euro, fünf Jahre unentdeckte kriminelle Aktivitäten, kompromittierte Zahlungsdienstleister – all das hätte verhindert werden können.
Nicht durch bessere Firewalls. Nicht durch teurere Sicherheitssoftware. Sondern durch aufmerksame, geschulte Menschen, die Warnsignale erkennen und richtig reagieren.
Die Frage ist nicht, ob Ihr Unternehmen angegriffen wird. Die Frage ist: Sind Ihre Mitarbeiter bereit, wenn es passiert?
Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre Mitarbeiter zur stärksten Verteidigungslinie gegen Cyberangriffe zu machen. Mit praxisnahen Schulungen, realistischen Phishing-Simulationen und messbaren Erfolgskontrollen schaffen wir nachhaltiges Sicherheitsbewusstsein – auf allen Unternehmensebenen.